Verschollen

Mein Leben hängt an einem Haar, das
mein Gedankenschwert in den
Untergang trägt. Das Unrecht
bricht die Flügel klarer Worte.
Weil ich sie schreibe.
Weil ich Wahrheiten
nicht unterschlage.

Masken fallen auf die Scherben
meiner Würde. Hände aus Stahl
erwürgen den Gesang meiner
Lebensmelodie, während sich
die Meinungsfreiheit
hinter geschwollenen
Lidern versteckt.

Eisentore schließen sich, doch
die Freiheit hängt am Galgen.
Meine Gedanken brennen in
einem Quadrat von dreimaldrei
Metern. Einmal am Tag erblicke
ich den Himmel, gerahmt
mit Gittern vor der Pupille.

Die Welt trennt sich von mir. Ich
steige in Hades Tiefe, meine
Illusionen schreiben Texte auf
Zuckerpapier. Überall Wände.
Dunkelheit verschlingt wie ein
gefräßiges Tier meine Sätze.
Meine Worte wandern
ins Nichts…

***

© Aramesh, 12. März 2018

Musik: Andreas Cotterell
Text: Barbara Naziri

 


Gewidmet dem Schriftsteller und Poeten Mohammad Bamm, der sich zu dem Zeitpunkt, als ich das Gedicht bei „Writers in Prison“ (unter der Schirmherrschaft des PEN) vortrug, noch in Haft befand.

Bamm wurde am 31. Dezember 2017 in der Stadt Abadan auf dem Nachhauseweg von iranischen Sicherheitskräften festgenommen. Während der Haft hatte er keinen Zugang zu seinem Anwalt oder seiner Familie. Er wurde gefoltert und in Einzelhaft verbracht. Bamm wurde beschuldigt, der öffentlichen Ordnung und Sicherheit Schaden zugefügt zu haben, sich an illegalen Demonstrationen beteiligt und Menschen dazu mobilisiert zu haben, sich an diesen zu beteiligen. Zudem wurde ihm Beleidigung gegenüber dem Obersten Führer der Islamischen Republik Iran vorgeworfen. Der Schriftsteller wurde am 19. März gegen Kaution von 200 Milliarden Iranischen Rial (etwa 60.000 Dollar) freigelassen. Er ist weiterhin in Gefahr. Für die nächste Anhörung wurde noch kein Termin festgelegt.

Der internationale PEN wird den Fall Bamm weiterhin genau beobachten und fordert, dass die gegen den Dichter erhobenen Anklagepunkte fallen gelassen werden, die ausschließlich auf die friedliche Wahrnehmung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit gerichtet sind. Der internationale PEN fordert außerdem die sofortige und bedingungslose Freilassung aller anderen Aktivisten, die derzeit im Iran in Verbindung mit der friedlichen Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit inhaftiert sind. Der PEN bezieht sich dabei auf die Artikel 9, 19 und 21 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, den der Iran als Vertragsstaat unterzeichnet hat.