An: Prof. Dr. Claudia Schmidtke, MdB <claudia.schmidtke@bundestag.de>

Hamburg, 9. Oktober 2018

Sehr geehrte Frau Prof. Schmidtke,

Herr I. Isözen hat mir ihre Mail gegeben, damit ich mich mit meinem Anliegen an Sie wenden kann.

Ich hatte am Tag des Flüchtlings im Haus der Kulturen in Lübeck eine Lesung mit meinem Jugendbuch Granatapfelkerne, das den Kindern die Schicksale der Flüchtlinge, insbesondere gleichaltriger Flüchtlinge, näherbringen und sie dafür sensibiliseren soll. Im Anschluss entspann sich ein Austausch auch über die Hilflosigkeit der Flüchtlinge, die in der Psychiatrie landen. Da sich vor kurzem aus dieser Abteilung jemand bei mir gemeldet hatte, der aber anonym bleiben möchte, habe ich das Gespräch aufgezeichnet. Die Verzweiflung scheint auf beiden Seiten gleichermaßen gleich groß zu sein. Einmal stehen Ärzte und Pflegekräfte diesem Thema oft sehr hilflos gegenüber, weil sie - aufgrund des Pflegenotstandes - nicht so viel leisten können, wie sie gern möchten und andererseits sind da die traumatisierten Flüchtlinge, die in der Psychiatrie ein Re-Trauma erleben.

Ich bin Schriftstellerin und Menschenrechtsaktivistin, die sich viel mit diesem Thema auseinandersetzt, und möchte darum das Gespräch weiterleiten. Ich hatte den Eindruck, einen verzweifelten Menschen vor mir zu haben, der einfach helfen möchte, jedoch durch die ärztliche Schweigepflicht gehindert wird, damit an die Öffentlichkeit zu treten.

Vielleicht können Sie etwas erreichen. Das wäre sehr hoffnungsvoll für alle Seiten.

Herzliche Grüße
Barbara Naziri

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An: "Barbara Naziri" <Schreiberei-Barbara-Naz@gmx.de>

Berlin,19. Oktober 2018

Sehr geehrte Frau Naziri,

im Namen von Frau Prof. Schmidtke danke ich Ihnen für Ihre Nachricht.

Die psychotherapeutische Versorgung von Flüchtlingen ist bereits seit einigen Jahren im Fokus der Gesundheitspolitik. Sie bedeutet in der Tat eine enorme Herausforderung für unser Gesundheitssystem. Geflüchtete und Asylsuchende haben in den ersten 15 Monaten ihres Aufenthaltes Zugang zu einer angemessenen gesundheitlichen Versorgung. Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen haben sie insbesondere einen Anspruch auf eine notwendige weitergehende fachärztliche und psychotherapeutische Versorgung. Die Bundesregierung hat mit der Änderung der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte im Rahmen des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes bereits anerkannt, dass für besonders schutzbedürftige Asylsuchende und Flüchtlinge, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben und die Empfänger laufender Leistungen nach § 2 AsylbLG sind, eine Stärkung der Versorgungsangebote in der ambulanten psychotherapeutischen und psychiatrischen Versorgung erforderlich ist.

Die stationäre psychiatrische Versorgung von Flüchtlingen und besonders die daraus resultierende Belastung für das Fachpersonal ist jedoch zu überprüfen. Frau Prof. Schmidtke dankt Ihnen für den Hinweis und wird diesen an das Bundesministerium für Gesundheit als zuständige Aufsichtsbehörde weiterleiten.

Mit freundlichen Grüßen

Sophia Maria Kübler
Wiss. Mitarbeiterin