Solidaritätsdemo zum Aufstand im Iran am 6.1.2018

(eine Antwort auf den Aufstand im Iran Anfang Januar 2018)

 

Am Samstag, 6.1., machte ich mich auf zur Demonstration, in der wir Exiliraner in Hamburg und vielen anderen Städten auf die Straße gingen, um gegen das iranische Regime zu demonstrieren und um unseren Landsleuten im Iran unsere Solidarität zu zeigen. Als ich am Hamburger Hauptbahnhof meine Leute sah, wie sie Banner hielten, Fahnen schwenkten und inbrünstig unsere Freiheitshymne sangen, schossen mir die Tränen in die Augen.

Wie ich schon vor einigen Tagen schrieb, sind die Menschen im Iran in vielen Städten auf die Straße gegangen, weil die wirtschaftliche Lage kaum noch erträglich ist – hohe Jugendarbeitslosigkeit, Bankrott von Banken, monatelange Nichtzahlung von Gehältern und die ungebremsten Preise für Grundnahrungsmittel. All das haben wir dem korrupten Mullahregime zu verdanken, das die Menschen mit der Religion knechtet und auf schäbigste Weise unterdrückt.

Wieder entstanden diese Bilder vor meinen Augen wie damals im Jahre 2009, als wir alle die Hoffnung in unseren Herzen auf Veränderung trugen. Doch damals wurde der Aufstand blutig niedergeschlagen, Menschen starben auf den Straßen, wurden festgenommen, inhaftiert, gefoltert, ermordet. Danach blieb die Zeit stehen. Iran schien in eine tiefe Depression zu versinken.

Als ich die Mönckebergstraße zum Ida-Ehre-Platz lief, um auf meine Gruppe zu stoßen, weinte ich. Ich konnte meine Tränen nicht mehr zurückhalten und es war mir das erste Mal egal, ob mich die Leute anstarrten. Der schon so lang  verdrängte Schmerz brauchte ein Ventil, um sich Luft zu verschaffen. Weinend umarmte ich Menschen, die ich lange kannte und die immer wieder unermüdlich um Irans Freiheit kämpfen.

Ich traf auch auf jene, die ich jahrelang nicht gesehen habe und unser Wiedersehen war gut. Unsere Demonstration ging durch die Stadt bis zum Gänsemarkt, wir sangen Widerstandslieder, forderten Freiheit für die politischen Gefangenen und die Abschaffung der Todesstrafe im Iran sowie die Abschaffung der Mullahkratie und sangen inbrünstig unsere im Iran verbotene eigene Nationalhymne. Zwischendurch ließen die Hamburger Iraner Musik der norddeutschen Gruppe Santiano durch die Lautsprecher fließen, deren Lieder wir alle sehr schätzen.

 

Parallel zu unseren angekündigten Demonstrationen überschlugen sich die Nachrichten, dass sich ausgerechnet jetzt Ayatollah Mahmoud Hashemi Shahroudi in Hannover aufhält, um sich dort in der Fachklinik für Neurologie behandeln zu lassen. Bei uns liefen die Leitungen heiß. Shahroudi gilt als potenzieller Nachfolger an der Spitze des Iran und ist einer der engsten Vertrauten von Ali Chamenei, dem Obersten unserer Unterdrücker. Er gilt zudem als einer der fürchterlichsten Richter, denn er ließ Massen von Menschen hinrichten, unter ihnen viele Jugendliche wie beispielsweise die Schülerin Atefah Sahaaleh, die unter Folter gestanden hatte, mit 16 Jahren Opfer einer Vergewaltigung gewesen zu sein. Im iranischen Recht wurde ihr diese Vergewaltigung als Ehebruch ausgelegt, weswegen die Todesstrafe letztendlich auch vollstreckt wurde. Damit er sie zum Tode verurteilen konnte, erklärte er sich kurzerhand für volljährig. Solche widerlichen Morde werden ihm gerade an jungen Menschen zur Last gelegt.


 

Unter dem Lessing-Denkmal fand abschließend unsere Kundgebung statt, in  der wir Freiheit und Demokratie für Iran forderten sowie eine Bestrafung für unsere Peiniger. Auch machten wir auch auf den Massenmörder Shahroudi aufmerksam, der ungeachtet der deutschen Bevölkerung in Hannover ärztlich behandelt wird. Von der Presse waren ARD und Deutsche Welle vertreten.
 

Mir stellt sich die Frage, wie sich die deutsche Regierung erlauben kann, einen Massenmörder hier in Deutschland ärztlich zu behandeln, der so viele Menschen quälen und ermorden ließ. Ist es möglich, dass wirtschaftliche Belange stets Vorrang vor Menschenrechten haben?

 

Unser neues Symbol für die Freiheit im Iran

 

 

B.N., Hamburg, 6.1.2018